Pianistin Catherine Gordeladze im Gespräch über die Naxos Music Library mit René Zühlke.

Gordeladze_c_Mischa_Blank

Foto: Mischa Blank

René Zühlke: Die Naxos Music Library ist seit dem Jahr 2002 die größte Online-Bibliothek der klassischen Musik. Wann haben Sie die NML zum ersten „betreten“.

Catherine Gordeladze: Die NML habe ich im Jahr 2011 „entdeckt“ als meine CD mit Werken von Kapustin bei NAXOS erschienen ist.

René Zühlke: Die NML steht allen, die sich mit klassischer Musik beschäftigen, offen. Warum ist die NML für Sie als Künstlerin interessant?

Catherine Gordeladze: Sie ist eine sehr umfangreiche Datenbank und man findet sehr schnell ein gesuchtes Werk, welches man anhören möchte. Für Musiker auch dadurch interessant, dass es oft Termindruck gibt von Konzertveranstaltern ein bestimmtes, langfristiges Konzertprogramm zusammenzustellen. Rasch kann man bei NML diesbezüglich feststellen, welchen Zeitumfang die ausgewählten Werke haben.

René Zühlke: Naxos möchte mit der NML besonders den jungen Musikinteressierten die Welt der Klassik eröffnen. Wenn Sie an Ihre eigene Lehrtätigkeit denken, empfehlen Sie die NML Ihren Studenten und wenn ja, warum?

Catherine Gordeladze: Ich empfehle Studenten gerne die NML. Es ist wichtig, dass die Studierenden verschiedene Interpretationen anhören, auf eine sehr übersichtliche und einfach bedienende Art und Weise.

René Zühlke: Gehen wir mal für einen Moment in der Zeit zurück. Hätte Ihnen die NML gefallen, als Sie selbst Schülerin waren?

Catherine Gordeladze: Als Schülerin war es in meiner Heimatstadt Tiflis und insgesamt in der ehemaligen Sowjetunion sehr schwer die Aufnahmen von westlichen oder amerikanischen Künstlern zu bekommen. Insofern wäre die NML ein echter Luxus gewesen.

René Zühlke: Warum ist das Anhören von Repertoire und verschiedenen Einspielungen wichtig und nicht „nur“ das Verstehen von Musik über die Partitur, über die „Noten“?

Catherine Gordeladze: Verschiedene Interpreten anzuhören ist hilfreich und wichtig, um sich einen Einblick über Traditionen von Darbietungen von diesem oder jenem Werk zu verschaffen, sowohl gezielt in einem Arbeitsprozess als auch allgemein, um anschließend einen eigenen Stil und Geschmack zu entwickeln und eine eigene Sichtweise von Interpretation zu erschließen.

René Zühlke: Stichwort: Digitale Revolution. Wie gefällt Ihnen die derzeitige Entwicklung weg vom physischen Tonträger (CD, DVD, Blu-ray) hin zum digitalen Format (Download, Streaming)?

Catherine Gordeladze: Digitale Revolution hat positive und negative Seiten. Ich finde es sehr schön, dass es schnelle Download-Möglichkeiten gibt, man spart damit viel Zeit, andererseits aber empfinde ich es als negativ, dass es auch Möglichkeiten gibt, manche Interpretationen kostenfrei herunter zu laden. Damit wird die umfangreiche Arbeit von Künstlern nicht wertgeschätzt, bzw. ignoriert.

René Zühlke: Sie haben im Juni 2014 beim Label Antes Edition ein neues Album herausgebracht mit dem Titel „American Rhapsody“. Wie kam es zu dem Album und zu dieser Auswahl an Komponisten und Werken?

Catherine Gordeladze: Seit mehreren Jahren habe ich die Klaviersonate von Samuel Barber in meinem Repertoire. Ein wahrhaftes Meisterwerk aus Amerika. Mit dieser Sonate begann eigentlich mein Interesse an weiteren amerikanischen Komponisten. Die Auswahl aus Werken von vier auf meiner CD vorgestellten amerikanischen Komponisten – L.M. Gottschalk, S. Barber, G. Gershwin und E. Wild – vermittelt einen lebendigen Eindruck von der Vielgestaltigkeit amerikanischer Musik aus den vergangenen hundert bis fast zweihundert Jahren, die von der spezifisch amerikanischen Klangsprache bestimmt ist.

René Zühlke: Gibt es eine musikalische Epoche in der Sie sich besonders „zu Hause“ fühlen?

Catherine Gordeladze: Eigentlich nicht. Jede Epoche hat großartige Musik und ich versuche ein möglichst vielseitiges Repertoire aufzubauen.

René Zühlke: Haben Sie für die Nutzer der NML einen aktuellen Geheimtipp aus dem Klavierrepertoire?

Catherine Gordeladze: Die Musik von Nikolai Kapustin, die aus einer großartigen Synthese aus Klassik und Jazz besteht.

René Zühlke: Was würden Sie jemandem zum Anhören empfehlen, der sich bisher noch nicht mit Klaviermusik beschäftigt hat?

Catherine Gordeladze: Den Einstieg kann ich mir gut mit Romantik vorstellen, insbesondere mit Chopins zauberhafter, unsterblicher Klaviermusik.

René Zühlke: Vielen Dank für das Gespräch!

Webseite von Catherine Gordeladze: www.catherinegordeladze.de